Tablet, Blog, Cloud – modernste Informations- und Kommunikationstechnologie verwandelt unsere Jobwelt rasant. Doch macht Hightech tatsächlich alles besser? Fragen an den Experten für Arbeitsplatz-Innovationen, Udo-Ernst Haner vom Fraunhofer-IAO
INTERVIEW: NICOLE EHLERT
Welche Entwicklungen im Bereich Bürotechnik haben das Arbeitsleben in den letzten Jahren am stärksten verändert?
Udo-Ernst Haner: Das sind sicherlich die Entwicklungen, die verstärkt ein mobiles und fl exibles Arbeiten ermöglichen. Im Bereich der Hardware sind das Smartphones und Tablets, im Bereich der Software zum Beispiel Kollaborationsplattformen wie Microblogs zur internen Kommunikation. Darüber hinaus verändern Cloud-Technologien unsere Art zu arbeiten. Wir können unsere Daten in einer öffentlichen oder privaten Cloud ablegen und von überall darauf zugreifen. Daher wird für eine stark wachsende Zahl von Menschen hoch flexible, multilokale Arbeitsformen Realität sein.
Macht die moderne Informations- und Kommunikationstechnik „Büroarbeiter“ produktiver?
Ja – allerdings nur unter zwei wichtigen Voraussetzungen: Erstens müssen Arbeitsprozesse und Informations- und Kommunikationstechnologie aufeinander abgestimmt sein, zweitens die Mitarbeiter auch bereit sein, veränderte Arbeitsweisen und Arbeitsprozesse sowie den Umgang mit dieser neuen Technologie zu erlernen.
Kann moderne IT auch Mehrarbeit und Zeitverlust verursachen?
In der Implementierungs- bzw. Umstellungsphase kann es natürlich kurzfristig zu Mehraufwand führen. Wenn das aber dauerhaft der Fall ist, wurden die Ziele wohl deutlich verfehlt und die Verantwortlichen in den Unternehmen sollten sich fragen, ob Arbeitsprozesse und Technik wirklich gut genug aufeinander abgestimmt sind.
Sind unsere Büros eher „über-“ oder „unter-ausgestattet“?
Na ja, wenn wir produktives Arbeiten in Büros erwarten, sollten die Mitarbeiter das volle Potenzial ausschöpfen können, das moderne Technologien und Infrastrukturen bieten. Zu viel Papier gibt es gerne mal, weil die Digitalisierungspotenziale nicht optimal genutzt werden. Was man dagegen oft vermisst, sind Besprechungsmöglichkeiten für kleine, spontane Meetings.
Apropos Papier: Wie weit sind wir noch vom „papierlosen Büro“ entfernt – und wird es das überhaupt je geben?
Papierlos ist vielleicht das falsche Ziel, da man bei bestimmten Aufgaben durchaus bewusst Papier nutzen sollte, zum Beipiel dann, wenn Papier beim Denken hilft, wie beispielsweise in Kreativprozessen. Wir sollten aber die Potenziale der Digitalisierung nutzen, um Prozesse zu verbessern und vor allem Kommunikation und Zusammenarbeit zu erleichtern. Dass das geht, zeigen wir unter anderem anhand diverser Lösungen in unserem Zentrum für
Virtuelles Engineering – Haus der Wissensarbeit am Fraunhofer IAO in Stuttgart.
Was sind denn die nächsten großen Herausforderungen in Bezug auf die Bürotechnik?
Einerseits gilt es, die modernen Möglichkeiten zum Beispiel in Bezug auf Kommunikations- und Kollaborationsplattformen flächendeckend in den Unternehmen umzusetzen. Das ist diesbezüglich eine große Herausforderung der Gegenwart, weil es eben große Produktivitätspotenziale birgt. Zukünftige Herausforderungen
liegen in Funktionen wie Gesten- und Sprachsteuerung oder auch in „intelligenten Anwendungen“ im Zusammenhang mit Smartroomtechnologien, wenn sich profilbasiert die Arbeitsumgebung auf die individuellen Anforderungen einstellen wird.
UDO-ERNST HANER ist Leiter des Competence Teams Information Work Innovation am Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO in Stuttgart. Mit seinem Team entwickelt er Konzepte und Anwendungslösungen für die Arbeitsinfrastruktur von Wissensarbeitern: Die persönliche Ausstattung des Einzelnen mit Arbeitsmitteln gehört ebenso zum thematischen Umfang der Forschungsaktivitäten wie die Kooperationsinfrastruktur am Arbeitsplatz und die systemische Unterstützung durch die Gebäudeinfrastruktur.