Neben den akademischen Zusätzen zum Namen (siehe tempra365, Ausgabe 4/12) spielen in der sprachlichen Etikette die Amts- und Berufsbezeichnungen eine wichtige Rolle. Diese Bezeichnungen sind nicht wie der Doktor oder der Professor fest mit dem Namen verbunden. Andererseits sind diese Formen für den Empfänger unter Umständen wichtig. Ein Weglassen führt eventuell zu Verstimmungen, die den Erfolg Ihrer gesamten Korrespondenz gefährden können.
Platzierung und Schreibweise im Anschriftenfeld
Die Amts- und Berufsbezeichnungen stehen in der Zeile der Anrede, das heißt im Anschluss an Frau bzw. Herrn:
Berufsbezeichnungen
Frau Rechtsanwältin
Herrn Bäckermeister
Dr. Marlies Müller
Mathias Merz
Amtsbezeichnungen
Frau Studienrätin
Herrn Amtsdirektor
Dr. Susanne Schneider
Friedrich Ferch
Beachten Sie bitte, dass diese Bezeichnungen nicht abgekürzt werden und entsprechend mit den weiblichen Endungen oder Ableitungen zu benutzen sind.
Verwendung in der Anrede
In den Anredeformen sind diese Angaben im Allgemeinen nicht notwendig. Also lauten die oben angeführten Formen:
Sehr geehrte Frau Dr. Müller,
Sehr geehrter Herr Merz,
Sehr geehrte Frau Dr. Schneider,
Sehr geehrter Herr Ferch,
Aber eine besondere Form der Ehrerbietung kann es sein, auch diese Angaben in der Anrede anzugeben – vielleicht sogar unter Weglassen des Namens:
Sehr geehrte Frau Rechtsanwältin (Dr. Müller),
Sehr geehrter Herr Bäckermeister (Merz),
Sehr geehrte Frau Studienrätin (Dr. Schneider),
Sehr geehrter Herr Amtsdirektor (Ferch),
Ihr Fingerspitzengefühl
Die DIN 5008 macht nur wenige Angaben zur sprachlich-kommunikativen Etikette. Das ist auch keine Aufgabe der Normierung. In der DIN geht es vielmehr darum, festzulegen, wo etwas steht, wenn es denn verwendet wird.
Anschriftenzone nach DIN 5008
Zeile 1: Anrede Frau bzw. Herrn + Amts- und Berufsbezeichnung
Zeile 2: Akademischer Zusatz + Name (s. letzter Beitrag)
Darüber hinaus benötigen Sie Fingerspitzengefühl für die Verwendung der Amts- und Berufsbezeichnungen.
1. Grundsätzlich sollten Sie reflektieren, was der andere Ihnen mitgeteilt hat. Welche Angaben stehen in seinen Absenderangaben? Was hat er auf seiner Visitenkarte mitgeteilt? Alle dort aufgeführten Angaben scheinen für ihn wichtig zu sein.
2. Ein weiteres Kriterium ist die Qualität der Beziehungen zum Empfänger. Sie kennen ihn nicht oder kaum? – Dann schreiben Sie lieber zu viel als zu wenig. Sie kennen den Empfänger ganz gut und wissen, dass er auf solche Amts- und Berufsbezeichnungen keinen Wert legt? – Dann können Sie darauf verzichten. Das gilt natürlich nicht, wenn Sie offiziell an ein Amt schreiben.
3. Mitunter ist es auch interessant, aus welchem geografischen Gebiet der Anzuschreibende stammt. Das ist zumindest ein gewisser Fingerzeig. Im südlichen Sprachgebiet – insbesondere in Österreich – legt man sehr viel mehr Wert auf Amts- und Berufsbezeichnungen.
4. Darüber hinaus ist für die Verwendung von Amts- oder Berufsbezeichnungen die Branche, in der Sie sich bewegen, wichtig. Diese Bezeichnungen sind bei Juristen, Medizinern, Wissenschaftlern, Pädagogen, Beamten etc. eher wichtig als bei Technikern oder Ingenieuren. Allerdings schreiben zum Beispiel Wissenschaftler untereinander sehr oft „Lieber Kollege“ bzw. „Liebe Kollegin“. Das heißt, man verzichtet auf alle Namenszusätze, um ein umständliches Vorgehen zu vermeiden.
Zusammenfassung
Im Mittelpunkt steht der Empfänger. Wenn dieser Amts- und Berufsbezeichnungen angibt, sind diese wahrscheinlich wichtig für ihn. Umgekehrt sollten Sie keine Recherchen anstellen, was der Einzelne für Bezeichnungen haben könnte. Verwenden Sie diese Bezeichnungen in erster Linie im Anschriftenfeld und in der Anrede beim Erstkontakt. Sie vermeiden damit Fettnäpfchen.
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