(Interview Rosemarie Rehbein)
Mit welchem Gefühl sollte eine Mitarbeiterin aus einem Zielvereinbarungsgespräch kommen?
Rosemarie Rehbein: Mit dem Eindruck, ein Gespräch auf Augenhöhe geführt zu haben, nicht unterlegen gewesen zu sein. Ein gutes Zeichen ist, wenn man alles ansprechen konnte, was man wollte.
Wie realistisch ist solch ein positiver Ausgang?
Ich höre leider häufig von Assistentinnen, dass diese wichtigen Gespräche, die einmal im Jahr zwischen jedem Mitarbeiter und seinem direkten Vorgesetzten geführt werden sollten, weder Hand noch Fuß haben. Oft liegt es daran, dass Chefs unvorbereitet sind, nach dem Motto: „Ach ja, wir müssen noch Ihr Gespräch führen“. Eine gute Vorbereitung ist aber für beide Seiten wichtig. Deshalb sollte man sich auch keinesfalls spontan vom Flur holen lassen, wenn es dem Chef gerade passt. Führungskräfte dürften das eigentlich wissen und sogar für solche Gespräche ausgebildet sein. Schließlich sind diese inzwischen ein elementarer Bestandteil eines fortschrittlichen Personalmanagements.
Was also ist der Kern des Gesprächs?
Es geht darum, konkrete Ziele zu vereinbaren, die im Laufe eines Jahres erreicht werden sollten. Dabei ist es ganz wichtig, dass es sich um gemeinsame Vereinbarungen handelt – nicht um etwas, das die Mitarbeiterin – quasi als Opfer – von oben aufgedrückt bekommt. Die meisten Chefs sind sogar dankbar, wenn ihre Assistentin eigene Ideen einbringt.
Wie bereitet man sich optimal vor?
Am besten das Gespräch rückt nicht erst ein, zwei Tage davor – als lästiger Pflichttermin – ins Bewusstsein, sondern ist stets im Blickfeld. Man sollte wissen, was in den letzten Monaten erfolgreich gelaufen ist, aber auch Erklärungen für eventuelle Pannen parat haben. Und, wie schon angedeutet: Mit Verbesserungsvorschlägen kann man wunderbar punkten. Überlegen Sie in Ruhe, welche messbaren Ziele Sie sich stecken könnten. Heben Sie sich eine gute Idee sogar bewusst für das Gespräch auf. Ein Beispiel: Angenommen, der Reinigungsservice ist schon seit längerem ein Ärgernis. Dann sprechen Sie das Thema im Jahresgespräch an, schlagen Sie vor, sich dessen anzunehmen. Wenn Sie es am Ende schaffen, die Sauberkeit – und damit die Zufriedenheit im Team – zu verbessern und sogar Kosten einzusparen, haben Sie einen Volltreffer gelandet. Es ist übrigens völlig okay, Notizen mit in den Termin zu bringen. Sie geben Sicherheit in einer Situation, die in der Regel als stressig empfunden wird.
Was aber, wenn der Chef unrealistische Ziele steckt?
Auf keinen Fall zustimmen! Vergessen Sie nie, dass am Ende die Vereinbarungen von beiden Seiten unterzeichnet werden und in der Personalakte landen. In so einem Fall müssen Sie Zeit gewinnen. Sagen Sie, dass Sie den Vorschlag des Chefs interessant finden, er aber überraschend kommt und Sie deshalb überlegen müssen, ob das Ziel realisierbar ist. Dann schlafen Sie darüber und geben dem Chef zeitnah eine Antwort, die Sie vertreten können.
Gehört das Thema Gehaltserhöhung ins Mitarbeiter-Jahresgespräch?
Nicht zwingend, aber falls Bedarf besteht, kann der Zeitpunkt günstig sein. Schließlich sind die Gespräche in der Regel Teil eines Beurteilungssystems, nach dem über Beförderungen oder Prämien entschieden wird. Die Bitte nach einer Gehaltserhöhung sollte natürlich gut begründet sein, indem man auf konkrete Erfolge hinweist. Wird eine Anpassung in Euro abgelehnt, rate ich, geldwerte Vorteile wie zum Beispiel Weiterbildungen oder für den Job wichtige Multimedia-Produkte wie Tablet PC oder Smartphone ins Feld zu führen.
Welche Fehler sind unbedingt zu vermeiden?
Emotionale Reaktionen wie: „Das geht ja gar nicht, das ist unmöglich“. Persönliche Angriffe gegen den Chef sind ebenfalls nicht zu empfehlen.
Jegliche Kritik ist also tabu?
Nein, das nicht. Kritik sollte aber sehr sachlich und vor allem nicht pauschal geäußert werden, etwa: „Nie stehen Sie
hinter mir!“. In Ordnung ist dagegen, die konkrete Situation, in der man sich mehr Rückhalt vom Chef gewünscht hätte, zu wiederholen und zu schildern, wie man sich dabei gefühlt hat.
Und nach dem Gespräch…
… sollte man aus den vereinbarten Zielen kleine Projekte machen, sich Meilensteine setzen und dem Chef hin und wieder einen Zwischenbericht geben. So dient das Gespräch nicht nur dem Unternehmen, sondern bietet dem Mitarbeiter eine gute Gelegenheit, sich zu profilieren und vielleicht sogar einen Schritt auf der Karriereleiter nach oben zu machen.
ROSEMARIE REHBEIN macht seit 1995 als Coach, Trainerin und Beraterin Assistentinnen fit für den Job auf Führungsebene. Sie bringt 20 Jahre Berufserfahrung als Office Managerin mit und ist Trainerin an der bSb-Akademie.
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