Klappern gehört zum Handwerk. Doch was, wenn es einem nun mal schwer fällt, sich zu inszenieren?
„Leise Menschen müssen oft erleben, dass ihre Qualitäten einfach übersehen werden“, sagt Coach und Ratgeber-Autorin Natalie Schnack („Leise überzeugen“, Humboldt Verlag). Denn die Fähigkeit, sich selbst und die eigenen Leistungen sichtbar zu machen, sei sehr wichtig im Berufsleben. Keine gute Nachricht für die eher Introvertierten? Während Natalie Schnack ihnen helfen will, aus ihrer Tarnung rauszugehen, um der Welt zu zeigen, was in ihnen steckt“, plädiert die amerikanische Autorin Susan Cain („Still“, Goldmann Verlag) dafür, Scheu, Ernsthaftigkeit und Sensibilität als Qualitäten anzuerkennen – und der lauten Welt bewusst entgegenzusetzen. „Viele Introvertierte glauben, mit ihnen stimme etwas nicht und sie sollten versuchen, als Extravertierte durchzugehen. Diese negative Voreinstellung führt zu einer kolossalen Verschwendung von Talenten, Energie und letztlich von Glück“, sagt Susan Cain in einem Interview mit Deutschlandradio Kultur. Viele der kreativsten Menschen seien introvertiert, „und ihre Kreativität verdanken sie teilweise ihrer Fähigkeit, still zu sein“.
Was Coach Natalie Schnack Introvertierten rät, lesen Sie hier
Tarnen Sie sich noch, oder sind Sie schon sichtbar?
Wie heißt es so schön? „Klappern gehört zum Handwerk.“ Doch das ist leichter gesagt als getan. Nicht jeder ist zum Klappern gemacht. Fast die Hälfte aller Menschen ist eher introvertiert und klappert leise und eher unauffällig.
In einem Unternehmen wurde ein Marketingseminar angesetzt, um ein neues Produkt noch besser in den Markt einzuführen. Viele gute Ideen standen zur Debatte. Aber besonders ein Mitarbeiter hob sich in der Diskussion heraus. Überzeugend, mit viel Engagement setzte er seine Gedanken in Szene. Sowohl seinen Vorgesetzten, als auch seine Kollegen konnte er überzeugen.
Introvertierten, leisen Menschen fällt dies dagegen schwer. Dabei ist die Fähigkeit, sich selbst und die eigene Leistungen sichtbar zu machen, sehr wichtig im Berufsleben. In unserer westlichen Welt haben es extrovertierte Menschen, die sich inszenieren und in
den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stellen können, wesentlich leichter als Introvertierte, die ihre Energie und Aufmerksamkeit eher nach innen wenden. Leise Menschen müssen oft erleben, dass ihre Qualitäten einfach übersehen werden.
Fakt ist, wer wahrgenommen wird, bekommt auch die verdiente Aufmerksamkeit. Mit dem Ergebnis: Die entscheidenden Leute bemerken das Geleistete, es werden neue Aufgaben zugetraut und man bekommt die Chance auf mehr Geld.
Sind Sie selbst eher ein leiser Mensch und fest entschlossen, aus der Tarnung rauszugehen und der Welt endlich zu zeigen, was wirklich in Ihnen steckt? Im Folgenden hat Karriereexpertin Natalie Schnack die wichtigsten Tipps für Sie zusammengestellt:
1. Identifizieren Sie Ihre Bremsen und verabschieden Sie sich von inneren Wiederständen
Es ist einfach gesagt: „Jetzt mache ich mal Selbstmarketing“. Doch es gibt sicher gute Gründe, warum man es bisher nicht getan hat. Wenn Sie z.B. innerlich davon überzeugt sind, dass nur laute Selbstdarsteller es nötig haben, auf sich aufmerksam zu machen, oder wenn Ihnen der Spruch „Eigenlob stinkt“ im Gehirn eingebrannt ist, werden Sie immer wieder an dem Punkt auf innere Widerstände stoßen.
Um dem auf die Spur zu kommen, machen Sie sich eine Liste mit Ihren inneren Widerständen, die in Ihrem Kopf auftauchen, sobald Sie an Selbstmarketing denken. Schreiben Sie erst alles auf, ohne zu bewerten. Und dann nehmen Sie sich jeden einzelnen Punkt vor und überprüfen deren tatsächlichen Wahrheitsgehalt.
2. Gehen Sie von Ihrer Sichtbarkeits-Komfortzone aus
Auch jetzt, wenn Sie noch nicht in dem von Ihnen gewünschten Maße sichtbar sind, gelingt Ihnen sicher schon eine ganze Menge. Überlegen Sie sich genau, in welchen Situationen Sie es schaffen, mehr aus der Tarnung rauszukommen, als es für Sie üblich ist, ganz egal, ob im privaten oder in beruflichen Bereichen.
Nehmen Sie sich ein konkretes Sichtbarkeits-Ziel vor, z.B. „Ich will im nächsten Meeting zum ersten mal meinen vorbereiteten Verbesserungs-Vorschlag für das
neue Projekt vorstellen.“ Überlegen Sie, was Ihnen in dieser Situation bereits bekannt ist, z.B.:
- Sie kennen den Meetingraum und fühlen sich darin wohl.
- Sie kennen alle Teilnehmer.
- Sie haben schon bei anderen Gelegenheiten sich zu Wort gemeldet.
- Sie haben Ihren Vorschlag bereits in allen Einheiten ausgearbeitet und auf die Kernaussage verdichtet.
Und schon wirkt die Sache nicht mehr ganz neu. Sie verändern nur Nuancen zu dem, was Ihnen schon vertraut ist und fühlen sich dadurch sicher, auch wenn Sie so Ihre Komfortzone erweitern.
3. Sorgen Sie dafür, dass Sie Spaß bei der Sache haben
Auf gar keinen Fall darf die neue Sichtbarkeit für Sie zu einer Bürde und Belastung werden. Wenn Sie Ihren eigenen Weg finden und dafür sorgen, dass Sie bei dem, was und wie Sie es tun neben der Aufregung Freude und Neugier verspüren, werden Sie allen mit einer positiven Präsenz auffallen. Nehmen Sie sich also immer solche Ziele vor, die sie fordern, nicht überfordern. Freuen Sie sich über jeden kleinen Erfolg. Das sind die Erfolge, die es am Ende ausmachen und Sie dauerhaft motivieren. Suchen Sie dabei nach einem angenehmen Weg für sich, nicht nach dem perfekten.
Buchtipps
Natalie Schnack: „Leise überzeugen. Mehr Präsenz für Introvertierte. Der Ratgeber für Alltag und Beruf“, 208 Seiten, Humboldt Verlag, 19,99 Euro
Natalie Schnack, Sichtbarkeits-Coach für Selbständige und Angestellte, hilft mit ihrem Buch „Leise überzeugen“ leisen Menschen praxisnah und alltagstauglich, mehr Sichtbarkeit zu finden, ohne sich verstellen zu müssen. Schnack beschreibt, wie man eigene Qualitäten und Erfolge auf eine individuell, passende Art nach außen transportiert. Der Ratgeber, als eine Selbstcoaching-Anleitung, richtet sich mit konkreten Übungen und zahlreichen Beispielen an zurückhaltende Menschen, die ihren Weg zu mehr Präsenz finden möchten. (karriereexperten.com)
Susan Cain: „Still. Die Bedeutung von Introvertierten in einer lauten Welt“, 464 Seiten, Goldmann Verlag, 9,99 ‚Euro
In einer lauten Welt werden stille Menschen meist überhört – sei es am Arbeitsplatz, in der Schule oder im Privatleben. Susan Cain bricht eine Lanze für die Introvertierten und zeigt, wie wichtig sie für unsere Gesellschaft sind. Neueste Ergebnisse der Hirnforschung bezieht sie dabei ebenso ein wie historische Beispiele. Darwin, Einstein, Gandhi, Chopin, van Gogh, Bill Gates: Sie alle haben Großes vollbracht. Aus ihren Erkenntnissen leitet die Autorin auch konkrete Anregungen für alle sozialen Bereiche ab, von der Organisation des Berufslebens bis hin zur Konfliktlösung in der Partnerschaft. Susan Cain will stille Menschen dazu ermutigen, die eigene Introversion zu erkennen und anzunehmen, denn sie weiß: In der Stille liegt die Kraft! (amazon.de)