Was ist ein erweiterter Infinitiv mit „zu“ bzw. eine Partizipialgruppe? Diese Wortgruppen sind grammatische Konstruktionen,die kein Nebensatz sind, aber in einen solchen umgewandelt werden können:
Er geht in die Firma, um den Computer auszuschalten
(erweiterter Infinitiv mit zu).
Er geht in die Firma, damit er den Computer ausschaltet (Nebensatz).
Wie telefonisch besprochen (erweitertes Partizip), erhalten Sie mit diesem Brief die Vertragsunterlagen.
Wie wir es telefonisch besprochen haben (Nebensatz), erhalten Sie mit diesem Brief die Vertragsunterlagen.
Diese Konstruktionen sind deshalb keine Nebensätze, weil ein gebeugtes Verb (Tätigkeitswort) fehlt. Der Infinitiv ist die ungebeugte Grundform eines Verbs. Das Partizip ist eine Stammform des
Verbs – auch ungebeugt. Da aber eine Umwandlung in einen Nebensatz möglich ist, gelten diese Konstruktionen in der Grammatik als satzwertig. Das heißt, sie sollten mit einem Komma vom Hauptsatz abgegrenzt werden. Hier beginnt das Problem.
Die Regeln
Die Regeln zu dieser Problematik waren vor der Rechtschreibreform mit vielen Ausnahmen durchsetzt. Die neue Rechtschreibung wagte zunächst einen radikalen Schnitt und gab die Kommasetzung in diesem Bereich weitgehend frei. Allerdings wurde diese Freiwilligkeit in den letzten Änderungen der Reform (2005/2006) wieder stark eingeschränkt.
Im Folgenden werden die wichtigsten Fälle vorgestellt, bei denen Sie wieder ein Komma setzen muüssen.
Wenn die Infinitivgruppe mit „um“, „ohne“, „statt“, „anstatt“, „außer“, „als“ eingeleitet wird, ist das Komma wieder Pflicht.
Er wird den Bericht pünktlich fertigstellen, um eine schnelle Information sicherzustellen.
Er genehmigt das Projekt, anstatt genau zu prüfen.
Es bleibt ihm nichts anderes übrig, als das Projekt abzubrechen.
Wenn auf den erweiterten Infinitiv im Hauptsatz mit einem Pronomen (Fürwort) hingewiesen wird, müssen Sie das Komma zur Abgrenzung setzen.
Die Kundennummer anzugeben, dies (Pronomen) ist unbedingt notwendig.
Es (Pronomen) ist unbedingt notwendig, die Kundennummer anzugeben.
Wenn der erweiterte Infinitiv das Objekt des Satzes näher erläutert, ist ein Komma notwendig.
Sie erhalten den Auftrag, den Geschirr-Reiniger zu liefern.
Wenn das Verstehen gefährdet ist, setzen Sie bitte ein Komma. Ansonsten überlassen Sie die Interpretation dem Leser.
Es lohnt sich, nicht mehr zu arbeiten. (Bleiben Sie zu Hause.)
Es lohnt sich nicht, mehr zu arbeiten. (Überstunden werden nicht bezahlt.)
Es lohnt sich nicht mehr, zu arbeiten. (Das Finanzamt kassiert alles ein.)
Das letzte Beispiel ist zwar kein erweiterter Infinitiv mit „zu“, aber das Komma ist wichtig, um die Bedeutung zu realisieren.
Wenn die Partizipialgruppe erweitert ist, dann ist das Komma vorgeschrieben.
Sehr geehrter Herr Dr. Maier, wie telefonisch (Erweiterung) besprochen, erhalten Sie mit diesem Schreiben die ausführlichen Unterlagen.
Es gibt darüber hinaus einige wenige Fälle, wo die Kommasetzung nach wie vor freigestellt ist.
Er versucht (,) die Maschine zu reparieren.
Wie besprochen (,) ergänze ich mein Angebot.
Empfehlung
Verzichten Sie bei den genannten grammatischen Konstruktionen nicht auf die Kommasetzung. Sie bringt Klarheit in die Satzaussage. Der Satz wird übersichtlich. Sie vermeiden Fehlinterpretationen.
Es ist nicht falsch, ein Komma zu setzen!